Wie versprochen, nun zum ersten Artikel in der Kategorie „Vernetzung“. Alle Welt spricht derzeit von Google Street View – die Presse-Blätter sind praktisch voll damit. Deswegen soll es jetzt und hier mal nicht um Google Street View gehen, sondern um eine Entwicklung, die bereits seit einiger Zeit in vielen Zeitungen und Zeitschriften diskutiert wird, aber immer eher eine Art „Randerscheinung“ ist. Es geht um Blogger, um die Blogkultur, um Journalisten und ihren Journalismus, um Buchautoren und den Kampf der Online-Medien um Umsatz und Erlöse und während Blogkultur, Journalistenkultur und Buchkultur sich magisch anziehen und abstoßen wie ungleiche Pole, verschmelzen sie indes doch insgeheim. Da gibt es hier ein paar Ansätze zur Monetarisierung von Online-Zeitungen und heimlich, still und leise schreiten Online-Services namens „Books on Demand“ oder „Print on Demand“ einem Boom entgehen. Und irgendwie gehört am Ende doch alles zusammen.
Inhaltsverzeichnis
Kulturen, Experimente und schleichende Entwicklungen
Beginnen wir mit unseren drei Beteiligten. Nummer eins: den Journalisten. Dazu ziehe ich gleich schon mal einen Artikel aus der Süddeutschen Online aus dem Jahr 2009 (!) heran. Unter dem Titel „Haltung bewahren!“ wurde darin bereits die Krise des Journalismus, unter anderem hervorgerufen durch die Entwicklungen des Internets und darin enthalten „die Blogger“ beschrieben. Eine der Essenzen lautete jedoch: „Ein guter Journalismus muss wegen der Blogger also nicht das Zähneklappern kriegen. Er kann dem Blog dankbar sein, wenn und weil er Lücken substituiert und Fehler aufzeigt.“ (Quelle: Süddeutsche.de)
Bewusst wurde: Blogger und Journalisten kommen sich schon ab und an in die Quere, aber beides könnte auch zahnradartig funktionieren – salopp: dem Einen fehlt die journalistische Kompetenz, dem Anderen die Möglichkeit der absolut individuellen Meinung.
In der Zwischenzeit wurde viel geschrieben, diskutiert und gestritten – was ist ein Blogger und was ist ein Journalist? Und die Grenzen wurden immer diffuser.
In den letzten Wochen veröffentlichte die Süddeutsche dazu gleich eine ganze Artikel-Reihe und fragte sich „Wozu eigentlich noch Journalismus?“
Jüngst gab Journalist Daniel Froomkin – jetzt ONLINE-Journalist der „Huffington Post“ ein Interview in der taz und beschreibt darin nicht nur die Zusammenarbeit von Bloggern und Journalisten, sondern auch das „etwas andere“ News-Prinzip der „Huffington Post“. Man sieht: Einigkeit ist also doch möglich.
Ein weiteres interessantes Experiment startete im Juli „Die Welt“ und „Die Zeit“ fasste Impressionen zur Idee „Welt Kompakt Scroll-Edition“ in einer Blogschau aus der Blogger-Welt zusammen – bezeichnenderweise unter der Kategorie „Kulturkampf“.
Darin wird deutlich: Blogger und Journalisten sind sich längst nichts so grün, wie es scheint, aber die Akzeptanz wächst.
In der oben genannten Reihe aus der Süddeutschen fand ich einen Artikel mit dem Titel „Im offenen Raum“. Die ellenlange Einleitung des Beitrags kann man sich eigentlich sparen, interessant jedoch wird die Verknüpfung von iPad und Paid Content. Neue Erlösmodelle soll das iPad liefern, Journalismus kann und sollte sich möglichst nicht nur über Werbekunden finanzieren. Da heißt es beispielsweise: „Für die Menschen sind die neuen Entwicklungen fürs Erste weniger schlimm als für die Macher. Das Internet schafft so etwas wie einen vollkommenen Markt, mit einer großen Weite an Information, die für sie (derzeit noch) kostenlos ist. Es lassen sich nicht nur mit wenigen Klick-Vorgängen die journalistischen Leistungen vieler Redaktionen vergleichen, es kommen auch die Möglichkeiten hinzu, sich selbst zu beteiligen und einzubringen, in Foren, Kommentaren und Blogs.“ (Quelle: Süddeutsche.de)
Besonders interessant finde ich in diesem Zitat etwas, das lediglich in Klammern geschrieben steht, jedoch fett geschrieben gehört: „Derzeit noch“.
Ja, denn derzeit ist noch so einiges kostenfrei im Internet erhältlich, doch kleine Bewegungen scheinen allmählich zu richtungsweisenden Strömen zu werden.
Die Online-Welt der Bücher
Da gibt beispielsweise die Frage um die Entwicklung des Publishings von Büchern und e-Books. Ein Punkt, den das Internet durchaus revolutionierte. Der Artikel ist erst heute erschienen und findet sich in der „Zeit“
Der Kurs lautet: inzwischen werden mehr als doppelt so viele Bücher abseits von traditionellen Verlagen veröffentlicht, als es noch vor drei Jahren der Fall war. Das zumindest zeigt die Entwicklung des amerikanischen Marktes. Für den deutschen Markt werden solche Zahlen bislang nicht erhoben, jedoch geht man von einer ähnlichen, aber zeitversetzten Entwicklung aus. „Books on Demand“ und „Print on Demand“ Plattformen sprießen und gedeihen. Die Autoren-Provisionen im e-Book-Bereich sind unglaublich attraktiv und schon haben wir die nächste Welle, auf der so einige mitreiten wollen.
Hierzulande haben wir noch die Buchpreisbindung – gilt das noch als Rettungsanker oder ist diese auch bald überflüssig? Und vor allem: was haben Blogger damit zu tun?
Dass sie schreiben und dass vor allem immer mehr Blogger auch erfolgreich eBooks schreiben und veröffentlichen.
Und während Blogger e-Books schreiben und darüber sogar teilweise mehr Provision erhalten als „normale“ Buchautoren, kämpft Jonathan Franzen im Rahmen seiner neuen Publikation für die Buchkultur, sträubt sich gegen das Internet und muss trotzdem mitmachen. So zumindest zeigt es ein Artikel aus der Frankfurter Rundschau.
Und darin heißt es unter anderem: „Der 51-Jährige ist stockkonservativ, wenn es um die Erhaltung der Buchkultur geht. „Ich glaube nicht, dass jemand, der einen Internetanschluss an seinem Arbeitsplatz hat, ein gutes Buch schreiben kann“, hat er einmal gesagt. Und diese Haltung macht Franzen nun zum Helden der langsam erlöschenden Gutenberg-Galaxis.“ (Quelle: Frankfurter Rundschau)
Schritte zum Paid Content
Während alle Beteiligten ihre Meinung zu den jeweiligen Kulturen und Berufsständen kundgeben, ist die „Times“ vor ca. 2 Monaten einen konsequenten Schritt gegangen: Paid Content für das komplette Online-Angebot. Zahlende Kunden bekommen Nachrichten, der Rest eben nicht.
Wenn sich so gut wie jeder online gewinnbringend vermarkten kann, warum dann auch nicht die „Times“ mit einem kompletten Paid Content-Angebot? Die Süddeutsche äußert sich dazu recht meinungslos in einem kurzen Artikel. 40 % der Leser habe die „Time“s verloren. Spiegel Online findet die Entwicklung positiv und bewertet den „geringen“ Einbruch der „Times“ als Hoffnungszeichen, gibt jedoch an, dass die vorgelegten Statistiken von Comscore diesbezüglich etwas irritierend wären. Interessant wird es bei der Aussage: „Schaut man nur auf den heißen Sommermonat, hätten andere britische Newsseiten im gleichen Zeitraum sogar mehr Leser verloren – wenn die Sonne brennt, sitzt der gemeine Onlineleser halt lieber am Strand oder im Park als im Büro vor dem Rechner.“ (Quelle: Spiegel Online)
Nunja, schauen wir uns mal dazu an, was Alexa diesbezüglich zu bieten hat. Das sind die Alexa Traffic Zahlen für die „Times“ aus den letzten 6 Monaten
Und das sind die Zahlen im Vergleich zu anderen britischen News-Seiten. Ich lasse an dieser Stelle einfach nur mal ein Fragezeichen stehen. ? Wenn jemand die „ähnlichen Einbrüche“ der Anderen darin erkennt, der möge sich bitte bei mir melden.
Auch in der Financial Times Deutschland klingt heraus „es könnte alles schlimmer sein“. Immerhin hätte man mit einem Leser-Rückgang von 90% gerechnet. Und nebenbei schauen wir uns nun mal eine Umfrage aus 2002 (!) Zum Thema Paid Content an, über die das Handelsblatt berichtete. Bedeutet das, dass wir 2010 genauso schlau sind wie im Jahr 2002 ?
Okay, nun sind wir auf dem Weg zum Paid Content und irgendwie wird sich dieses Prinzip sicher durchsetzen. Wenn die Werbeeinnahmen der Online-Zeitungen tatsächlich so dramatisch zurückgehen, muss es ja eine andere Option geben. Wäre dies auf lange Sicht dann auch eine Möglichkeit zur Finanzierung von Blogs?
Dazu habe ich leider noch keine Antwort gefunden, aber noch ein letztes Schmankerl aus der taz
Gestern erst erschienen: Sind Bloggerinnen karrieregeil ?